Wenn eine Lautsprecherserie aus England auf den Markt kommt, sollte man ein Auge (und Ohr) darauf werfen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat man es mit echten Schmuckstücken zu tun. So auch bei der Avon-Serie von Castle, die wir in Form der Regallautsprecher Avon 1 zum Test geladen haben. Der erste Eindruck verspricht edle Schallwandler mit einem klaren Ziel: So viel High-End wie möglich für einen bezahlbaren Preis.

Die Avon 1 sind kompakt, klanglich aber umso großartiger. Optisch überzeugt der klassische und hochwertige Antik-Look in allen Belangen.
Die britische Marke Castle wurde 1973 in Yorkshire gegründet, in der als Wharfedale bekannten Region. So wird das Tal entlang der Ufer des Flusses Wharfe genannt, das auch für das gleichnamige Unternehmen Pate stand. Da überrascht es kaum, dass ehemalige Mitarbeiter des Hauses für die Gründung von Castle verantwortlich sind und die Firma deshalb zumindest inoffiziell als kleine Schwester von Wharfedale gilt. Definitiv nicht die schlechteste Verwandtschaft! Wir erinnern uns zum Beispiel gern an das Aktivlautsprecher-Set Diamond A1, das im Test die Maßstäbe für Desktop-Systeme extrem hoch gelegt hat. Klanglich sowieso, allerdings haben uns auch stets die Verarbeitung und die Entwicklungsarbeit der Wharfedale-Lautsprecher begeistert. Diese typisch britischen Qualitäten stecken folglich auch in der DNA von Castle, die seit jeher ebenso viel Wert auf innovative und fortschrittliche Technologien legen wie auf edle Optik und ausgesuchte Materialien. Bei der Avon-Serie zeigt sich das zum Beispiel am konsequenten Einsatz von Bändchen-Hochtönern und an in liebevoller Handarbeit verarbeitetem Echtholzfurnier.
Klassische Eleganz
Anstatt auf extravagantes Design setzt Castle bei den Avon-Modellen vor allem auf hochwertige Materialien und eine bis ins kleinste Detail sehr sorgfältige Verarbeitung. Folgerichtig kommt bei den Avon 1 edles Echtholzfurnier zum Einsatz, das von Hand verarbeitet wird. Absolut makellos übrigens, mit absolut sauberen Übergängen und ohne jede Unebenheit im Kleid der kompakten Lautsprecher. Auch die abgerundeten Ecken und Kanten sind mindestens ebenso gewissenhaft gefertigt und weisen eine äußerst hohe Verarbeitungsqualität auf. Alles passend zum verwendeten Furnier, das je nach Ausführung in verschiedenen Varianten zum Einsatz kommt. Online sind unter www.audiolust.de aktuell die Farben „Schwarz“, „Mahagoni“, „Walnuss“ und „Antique“ verfügbar – letztgenannte Option scheint unseren Testkandidaten zu entsprechen, die allerdings offiziell als „Antique Oak Veneer“ gekennzeichnet sind.

Statt auf extravagantes Design setzt Castle bei den Avon 1 auf ausgesuchte Materialien und sorgfältige Verarbeitung.
Salopp formuliert handelt es sich bei der antiken Ausführung primär um Eichenholzfurnier, das entlang der Kanten ein wenig auf „alt“ getrimmt wurde und damit optisch definitiv interessanter wirkt. Letztlich ist die Wahl der Farbe beziehungsweise Ausführung aber einfach nur eine simple Geschmacksfrage. Das gilt auch für die Frontblende beziehungsweise ihre Befestigungen, die ohne die schwarze Stoffabdeckung sichtbar sind. Ja, auch bei einem vorzüglichen Lautsprecher wie der Avon 1 gibt es noch leise Kritik. Die Blende wird mit vier Pins in passende Vertiefungen in der Schallwand gesteckt, die bei Nichtbenutzung als kleine schwarze Ringe zu sehen sind. Eine magnetische Befestigung würde hier wesentlich dezenter ausfallen, andererseits passt die sichtbare Aufnahme für die Pins unter dem Gesichtspunkt eines antiken Looks gut ins Gesamtbild der Avon 1. Ein positiver Nebeneffekt: Die klassische Befestigungsvariante ist günstiger als zum Beispiel eine magnetische Lösung. Auch die Standfüße der Avon 1 – hier handelt es sich um schlichte, selbstklebende Gummipads – belasten das Gesamtbudget nur geringfügig, so dass bei einem respektablen Paarpreis von 999 Euro wesentlich mehr ins Innenleben der Regallautsprecher investiert werden konnte.

Passend zum antiken Look: Die Befestigung der Frontblende ist sichtbar, wenn man die Abdeckung entfernt.
In bewährter Tradition
Die Einsparungen bei den optischen Nebensächlichkeiten nimmt Castle natürlich nicht einfach so in Kauf, sondern aus gutem Grund. Der liegt in der Ausstattung der Avon 1, primär im hier eingesetzten Bändchen-Hochtöner. Diese Art von Tweeter zeichnet sich generell durch ein schnelles Einschwingverhalten und eine sehr fein aufgelöste Wiedergabe insbesondere von detail- und geschwindigkeitsreichen Klangelementen aus. Dadurch klingt beispielsweise eine Flamenco-Gitarre sehr sauber und natürlich, weil die Signale mit höchster Klarheit und Agilität abgebildet werden können. Das gelingt aufgrund der sehr geringen Masse des Bändchens, das im Wesentlichen aus einer sehr dünnen Folie besteht. So auch bei den fortschrittlichen True-Ribbon-Modellen der Avon 1, die 12 x 45 Millimeter groß sind und am jeweils äußeren Rand der Schallwand positioniert sind. Auch diese Maßnahme hat natürlich wie jede andere bei Castle einen bestimmten Sinn, nämlich die Verringerung von Reflexionen und eine damit einhergehende Verbesserung des Klangs. Einen praktischen Nebeneffekt haben die versetzten Hochtöner aber auch – sie nehmen dem stolzen Besitzer die Entscheidung ab, welche Position die beiden Boxen im HiFi-Setup einzunehmen haben.

Für die oberen Frequenzen kommt bei den Avon 1 ein Bändchen-Hochtöner zum Einsatz.
Wesentlich klassischer ist der 130-Millimeter-Mitteltieftöner mit einer Membran aus gewebter Carbonfaser platziert. Er bildet im Zwei-Wege-System der Avon 1 sozusagen die Basis und sitzt folgerichtig im unteren Teil der Schallwand – allerdings zentral und nicht nach außen versetzt wie die Hochtöner. Direkt darunter ist das Herstellerlogo untergebracht, das je nach Lichteinfall kupfer- bis goldfarben schimmert. Genau so setzt man ein Emblem in Szene. Genau das ist es übrigens, Castle greift hier nicht einfach auf einen Aufkleber oder ähnliches zurück. Auch das massive Logo ist ebenso hochwertig wie die restlichen Materialien. Willkürlicher Stilbruch ist bei den Engländern schließlich nicht gern gesehen.
Auch die Kehrseite der Avon 1 ist frei von Kompromissen. Ziemlich genau im Zentrum des Gehäuses befindet sich das Anschlussterminal mit hochwertigen Schraubklemmen, die sogar in doppelter Ausführung vorhanden sind. Bi-Wiring ist damit ebenso möglich wie der „simple“ Anschluss über ein einzelnes Lautsprecherkabel. In letztgenanntem Fall bleiben die Brücken zwischen den robusten und vergoldeten Schraubklemmen an Ort und Stelle, beim getrennten Anschluss mit jeweils einem Kabel für Hoch- und Mitteltieftöner werden die Verbindungsstücke selbstverständlich vorher entfernt.

Die massiven Schraubklemmen ermöglichen auch den Anschluss per Bi-Wiring.
Detailverliebt, aber mit Rückgrat
Für unseren Hörtest belassen wir es zunächst bei den „Werkseinstellungen“ und die Brücken bleiben an ihrem angestammten Platz. Den Hörtest beginnen wir mit vertrautem Terrain: Wie oben erwähnt sind Bändchen-Hochtöner speziell gehobenen Frequenzbereichen und agilen Melodien wie etwa Flamenco-Rhythmen sehr zugetan. Logisch, dass wir diese „zu Wort“ kommen lassen. Mit Marc Rizzo und seinen teilweise sehr unkonventionellen und vor allem sehr schnell gespielten Kompositionen dürften wir die Avon 1 ja wohl gleich mal ein wenig fordern können. Sollte man meinen, doch den eleganten britischen Lautsprechern scheinen die südamerikanisch angehauchten Titel „Synapse“ und „Pantheistic Utopia“ vom Album „Colossal Myopia“ erfreulich gut zu liegen. Hier gibt es kein zögerliches Fremdeln, sondern eine souveräne und äußerst präzise Wiedergabe. Sogar das hohe Tempo und die bisweilen sehr wilden Melodien gehen die Avon 1 dank ihrer hohen Agilität wunderbar selbstbewusst mit. Das gilt auch für „The Emerald Goblet“, das zudem den Mitteltieftöner etwas mehr fordert. Der macht jedoch ebenso begeistert mit wie der Bändchen-Hochtöner und sorgt für die perfekte Balance zwischen dynamischer Leichtigkeit und kraftvollem Groove. Dieser Homogenität kann sogar ein steigender Pegel nichts anhaben, die Avon 1 bleiben konstant sehr stabil und spielen völlig unbeeindruckt mit höchster Qualität auf.

Die gewebte Carbonfaser-Membran des Mitteltieftöners sorgt für einen dynamischen und kraftvollen Grundton.
Das hohe Niveau halten die Avon 1 nicht nur bei der Betonung, sondern auch bei der Staffelung der beteiligten Instrumente. Besonders deutlich zeigt sich das einmal mehr bei „Naive“ von The Kooks, das wunderbar sauber auf der virtuellen Bühne erscheint. Im Zentrum steht natürlich der Gesang, die Instrumentalbesetzung sortiert sich bis ins kleinste Detail nachvollziehbar um diesen Fixpunkt herum. Trotz dieser präzisen Aufteilung wirkt der Titel aber nie statisch, sondern begeistert mit einer ebenso hohen Dynamik wie zuvor die temperamentvolle Musik Marc Rizzos. Auch die tieferen Frequenzen machen sich hier zunehmend bemerkbar, vor allem die knackige Bassdrum überzeugt mit ihrem sehr natürlichen Sound. Wie gemacht für Titel, die einen ausgeprägten Einsatz des Schlagzeugs aufweisen. Da sind wir bei Tool genau an der richtigen Stelle, konkret haben wir uns für diesen Test den Track „Ænema“ ausgesucht. Hier geht es nämlich nicht ausschließlich kraftvoll zur Sache, sondern vor allem mit feiner Technik und ganz vielen kleinen Details. Insbesondere die fast schon sanft und zurückhaltend gespielten Becken und die Hi-Hat fügen sich als vergleichsweise dezentes Puzzlestück perfekt ins akustische Gesamtbild ein. Hier hallt nichts nach und jeder einzelne Anschlag ist auch als solcher zu identifizieren. Im Vergleich zur Wiedergabe mit kleinen „Brüllwürfeln“ hat man plötzlich das Gefühl, dass diese eine ganz andere Version des Titels präsentieren. Weit gefehlt, es liegt nicht am zugespielten Material, sondern an der Qualität der Lautsprecher.

Der Bändchen-Hochtöner der Avon 1 zeichnet sich durch ein schnelles Reaktionsvermögen und hohe Agilität aus.
Fazit
Die Avon 1 sind rundum gelungene Regallautsprecher, die sämtliche der hochgelobten britischen Tugenden in sich vereinen. Neben dem vorzüglichen Klang sehen die Castle-Boxen sehr edel aus und sind ebenso hochwertig ausgestattet wie verarbeitet. Das auf diesem Niveau rar gesäte Einsparpotenzial wurde gut durchdacht an genau den richtigen Stellen genutzt und so ist ein Pärchen der Avon 1 sogar zu einem erschwinglichen Preis zu haben. Mehr kann man sich nicht wünschen.
Test & Text: Martin Sowa
Fotos: www.lite-magazin.de
Klasse: Oberklasse
Preis-/Leistung: sehr gut

Technische Daten
Modell: | Castle Avon 1 |
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Produktkategorie: | Regallautsprecher |
Preis: | 999 Euro/Paar |
Ausführungen: | - Antique - Black - Mahagony - Walnut |
Vertrieb: | IAD GmbH, Korschenbroich Tel: 02161/ 61 78 30 www.audiolust.de |
Abmessungen (HBT): | 320 x 180 x 230mm |
Gewicht: | 5,8 kg/St. |
Prinzip: | 2-Wege |
Frequenzbereich: | 60 Hz - 20 kHz |
Hochtöner: | 12 x 45 mm True Ribbon Bändchen-Hochtöner |
Mitteltieftöner: | 130-mm-Mitteltieftöner (gewebte Carbonfaser) |
Besonderes: | - Single Drive Extended Line - hochwertige Verarbeitung - ausgesuchte Materialien - Bändchen-Hochtöner - Bi-Wiring-Anschlussterminal - vergoldete Schraubklemmen |
Lieferumfang: | - Regallautsprecher Avon 1 - selbstklebende Standfüße - Handschuhe - Bedienungsanleitung |
Benotung: | |
Klang (60%): | 1,0 |
Praxis (20%): | 1,0 |
Ausstattung (20%): | 1,0 |
Gesamtnote: | 1,0 |
Klasse: | Oberklasse |
Preis-/Leistung | sehr gut |
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